Uyen steht kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Informationselektronikerin im Bereich Gefahrenmeldetechnik bei B.I.N.S.S. In einem ausführlichen Interview (erschienen in Ausgabe 7 des Elektropraktiker) erzählt sie von ihrem ungewöhnlichen Weg in die Technik, ihren praktischen Projekten, den Herausforderungen als Auszubildende in Berlin – und davon, warum sie sich dafür einsetzt, mehr Frauen für technische Berufe zu gewinnen.
Vom BWL-Studium zur Technik
Uyen ist 24 Jahre alt und hat zunächst ein Semester Betriebswirtschaftslehre studiert. Schnell merkte sie, dass die reine Theorie nicht ihr Ding ist. Ihre Leidenschaft für Physik in der Schule und ein Praktikum bei ihrem heutigen Ausbildungsbetrieb führten sie schließlich in die Informationselektronik. Obwohl die Bewerbungsfrist bereits vorbei war, bot ihr der Ausbildungsleiter eine freie Stelle an, ein Angebot, das sie sofort annahm. Heute schätzt Uyen besonders, dass es in ihrem Beruf nicht ums Auswendiglernen geht, sondern darum, technische Zusammenhänge wirklich zu verstehen.
Praxis statt nur Theorie
Aktuell bereitet Uyen sich auf ihre Abschlussprüfung vor und baut im Rahmen der Ausbildung eine komplette Brandmeldeanlage auf. Die Anlage umfasst Signallampen, Rauch- und Feuermelder sowie Notschalter; über ein Anzeigetableau mit Lageplan lassen sich im Alarmfall Auslösung und Ort eines Melders schnell identifizieren. Solche praxisnahen Übungen zeigen, wie wichtig technische Kompetenz in sicherheitskritischen Umgebungen ist, etwa in Museen oder in öffentlichen Gebäuden.
Wissen weitergeben
Schon jetzt übernimmt Uyen Verantwortung. Sie hat ihren Ausbilderschein erworben, den vierten Teil der Meisterausbildung, finanziell unterstützt durch ihren Betrieb, und arbeitet regelmäßig als Unterstützerin für Erstjahres-Azubis. Darüber hinaus bietet sie gelegentlich kostenlose Deutschkurse an, um Kolleginnen und Kollegen den Einstieg zu erleichtern. Ihr Wunsch: Technik verständlich machen und andere motivieren, sich ebenfalls für das Handwerk zu entscheiden.
Schwierige Wohnsituation: Eine reale Hürde für Auszubildende
Ein wiederkehrendes Thema im Gespräch ist die Wohnungssuche. Uyen lebt aktuell in einem Azubi-Wohnheim, das von der Agentur für Arbeit gefördert wird. Der Zugang dorthin war hart erkämpft: lange Wartelisten und tägliche Anrufe gehörten dazu. Am Tag ihrer Abschlussprüfung muss sie das Wohnheim eigentlich verlassen; ein darin eingeräumter Puffer erlaubt maximal zwei weitere Monate Aufenthalt, falls bis dahin keine neue Wohnung gefunden ist. Zusammen mit Betreuerinnen und Betreuern hat sie bereits einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragt. Die Situation zeigt, dass praxisorientierte Ausbildung auch mit bezahlbarem Wohnraum verknüpft werden muss.
Mehr Frauen für technische Berufe
Uyen macht keinen Hehl daraus, dass sie sich mehr weibliche Nachwuchskräfte wünscht. Aktuell liegt der Frauenanteil in ihrem Ausbildungszweig an der Berufsschule bei rund zwei Prozent, eine Zahl, die sie als deutlich zu niedrig empfindet. Für sie ist klar: Das Handwerk braucht Vielfalt, und Vorbilder wie sie selbst können dabei helfen, den Anteil nachhaltig zu erhöhen.
Unser Fazit
Uyens Weg ist ein gutes Beispiel dafür, wie Praxisnähe, persönliche Initiative und betriebliche Förderung zusammenwirken können, von der ersten Neugier bis zur Übernahme von Verantwortung als Ausbildungsassistenz. Gleichzeitig erinnert ihr Erfahrungsbericht an die strukturellen Herausforderungen, die Auszubildende in Städten wie Berlin spüren, vor allem beim Thema Wohnraum. Wir gratulieren Uyen zu ihrem bisherigen Engagement, wünschen ihr viel Erfolg für die Abschlussprüfung und freuen uns, dass sie ihr Wissen schon heute an andere weitergibt.
Lesen Sie das vollständige Interview im Elektropraktiker:
https://www.elektropraktiker.de/fachartikel/detail/technik-verstehen-nicht-nur-auswendig-lernen?sword_list%5B0%5D=doan